In der letzten Folge haben wir überblicksartig skizziert, wie sich insbesondere die Transportlogistik in Deutschland entwickelt hat. In den 50er und 60er Jahren hat sie sich zu einer festen Größe in der privaten Wirtschaft etabliert. Heute ist sie eine interdisziplinäre Wissenschaft in der BWL, Informatik und im Ingenieurwesen. Auch Jura und Physik gehören dazu.
Die Logistikbranche erzielte im Jahr 2017 einen Umsatz von etwa 263 Milliarden Euro und hält einen Anteil von etwa 25% am europäischen Markt. Deutschland ist ein Export- und Durchfahrtsland und in der Welt des globalen Handels gut aufgestellt. Nicht zuletzt aufgrund seiner zentralen Lage, der guten Infrastrukturqualität und Logistiktechnologie. Damit das so bleibt, müssen das Land und die Unternehmen aber Investitionen tätigen und sich den aktuellen Herausforderungen stellen.
Der größte deutsche Logistikdienstleister ist die Deutsche Post DHL, die auch weltweit an der Spitze mithalten kann. Die Deutsche Post ist Europas führender Postdienstleister, die DHL übernimmt weltweiten Expressversand, Frachttransport, E-Commerce und Supply Chain Management. Auf Platz zwei in Deutschland ist nach einigem Abstand die DB Mobility Logistics AG mit den Geschäftsfeldern DB Schenker und DB Cargo, die sowohl europa- als auch weltweit mit umfassenden logistischen Lösungen agieren. Neben weiteren, global Playern wie Hermes, UPS oder Dachser gibt es in Deutschland rund 50.000 zumeist mittelständische Unternehmen, darunter viele kleine mit nur wenigen LKWs. Das eigentliche Transportgeschäft macht dabei nur etwa ein Drittel aus. Die Speditionstätigkeiten lassen sich in zwei Bereiche teilen, zum einen in die Planung und Koordination des Warentransports und zum anderen in die Beförderung. Es reicht vielen Händlern im E-Commerce nicht mehr aus, nur den Warentransport abgeben zu können und so bieten viele Logistikdienstleister zunehmend auch das komplette Fulfillment an.
Was der Endkunde davon mitbekommt, ist nur ein Bruchteil davon, nämlich den Beförderungsverkehr. Weit mehr als die Hälfte der Güter wird auf der Straße transportiert.
Die „7R“ der Logistik bringen alles auf den Punkt und charakterisieren den Zielzustand:
- das richtige Produkt
- in der richtigen Menge
- in der richtigen Qualität
- zur richtigen Zeit
- zum richtigen Kunden
- am richtigen Ort
- zu den richtigen (und möglichst niedrigen) Kosten zur Verfügung zu stellen.
Aktuelle Herausforderungen der Branche
Die Logistikbranche steht nicht nur in Deutschland vor großen Herausforderungen. Die Anforderungen der Händler und der Kunden werden immer höher und der Markt muss reagieren. Neben den B2B Dienstleistungen, nimmt der B2C Handel, gerade über das Internet, immer mehr zu und verlangt entsprechend logistische Konzepte.
Die „letzte Meile“ also der Transport der Ware zur Haustüre des Kunden, ist die größte Herausforderung und auch der teuerste Transportabschnitt. Insbesondere die sogenannten KEP Dienstleister, diejenigen Unternehmen, die sich auf die Paketzustellung spezialisiert haben, befassen sich mit der Problematik. Wenn jemand frische, gekühlte oder verderbliche Produkte mit Lieferservice anbieten möchte, wird die letzte Meile noch enger und zeitkritischer. Der Blick auf Deutschland zeigt, dass diese Art des Lebensmittelhandels hier noch in den Kinderschuhen steckt. In anderen Ländern wie China oder den USA setzen sich diese Services schon besser durch.
Umweltauflagen
Immer mehr Städte versuchen, den urbanen Schadstoffausstoß zu senken und das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Lärm, Staus und die Verschleißerscheinungen der Transportwege sorgen für Diskussionen in der Kommunalpolitik. Die Verkehrsbelastung nimmt gerade in den Städten immer mehr zu, der Warenaustausch und die Paketzustellung haben großen Anteil daran. Auf der einen Seite soll die Wirtschaft natürlich florieren und das Onlinegeschäft mit entsprechenden Lieferungen hat einen nicht unerheblichen Anteil daran, Tendenz steigend. Auf der anderen Seite werden die Umweltauflagen immer strenger. In einigen Städten werden bereits bestimmte Zonen für den Lieferverkehr zeitweise gesperrt oder aber bestimmte umweltfreundliche Transportmittel vorgeschrieben. Hamburg hatte kürzlich ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge in bestimmten Stadtabschnitten ausgesprochen. Obwohl der Lieferverkehr davon noch ausgenommen ist, bleibt abzuwarten, wie sich diese Konzepte in Zukunft gestalten werden.
Kundenanforderungen
Immer mehr Privathaushalte bestellen ihre Waren online und erwarten eine pünktliche und umweltfreundliche Lieferung nach Hause, am besten noch ohne zusätzliche Kosten. Obwohl rund ein Drittel der Kunden unzufrieden mit den meisten Services sind, weil sie kostenpflichtig sind, die Waren nicht pünktlich zugestellt werden oder sogar beschädigt eintreffen, wird das Sendungsvolumen in Zukunft wohl weiter zunehmen. Vielerorts fehlt auch die Wertschätzung für die Arbeit der Zusteller. Gleichzeitig beschweren sich die Privathaushalte über verstopfte Straßen und die steigende Lärm- und Umweltbelastung.
Urbane Strukturen
Im innerstädtischen Raum fehlt oftmals der Platz für den Warenumschlag. Es gibt nur begrenzte Lagerflächen, wenig Be- und Entladungsmöglichkeiten und strikte Zufahrtsregelungen. Enge Zeitfenster für die Belieferung von Fußgängerzonen lassen kaum Zeit für den Warenaustausch. Hinzu kommen die bereits angesprochenen Umweltzonen, die nicht mehr jeder Transporter anfahren darf. In der Folge müssen die Händler ihre Lager im ländlichen Raum suchen, die Transportwege werden länger, kosten Zeit und Geld. Die Städte kämpfen darum, den Verkehr zu vermeiden oder zu verlagern, was wiederum die ländliche Bevölkerung treffen kann, wenn Umgehungsstraßen durch besiedelte Räume gebaut werden. Die Infrastruktur der Städte ist heillos überlastet und es wird wohl für Logistikdienstleister nicht einfacher, sich darin zu bewegen.
Logistikdienstleister
Diejenigen, die logistische Dienstleistungen anbieten, stehen im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen der Endkunden, denen der Städte und Gemeinden und den Bedürfnissen ihrer Händler. Die Händler wollen, dass ihre Kunden die Waren zügig und unbeschädigt erhalten, vielleicht noch das Fulfillment abgeben und sie sind natürlich daran interessiert, ihre Geschäfte zu erhalten und auszubauen. Sie fordern Bestzeiten für die Lieferungen und möglichst niedrige Preise. Gerade der Handel mit frischen oder gekühlten Lebensmitteln ist eine neue Herausforderung für die Zusteller. Viele Lebensmittelhändler scheuen allerdings noch den Einstieg ins Onlinegeschäft, weil die Kunden nicht bereit sind mehr für die Waren zu zahlen, obwohl die Kosten für den Transport gedeckt werden müssen, die, gerade auf der letzten Meile, am höchsten sind. Die Städte wollen weniger Verkehr und mehr Lebensqualität. Die Kunden wollen schnelle und zuverlässige Lieferungen zu bestimmten Zeiten und am besten noch kostenlos.
Für die Zustelldienste ist das Kundenverhalten und Bestellaufkommen eine unbekannte und damit schwer zu kalkulierende Größe. Es erschwert den Logistikdienstleistern eine effiziente Routenplanung. Viele LKWs müssen leer fahren, was nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel der Dienstleister belastet. Einzellieferungen sind schwer zu bündeln, die Empfänger oftmals nicht zu Hause, sodass mehrere Zustellversuche gemacht werden müssen, was wiederum Zeit und Geld kostet.
Lest nächste Woche, welche Lösungen es für diese Herausforderungen bereits gibt und welche Ideen für die Zukunft diskutiert werden.
Interessant, über die aktuellen Herausforderungen in der Logistik zu lesen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kunden heutzutage immer anspruchsvoller werden. Nicht umsonst gibt es inzwischen ja einen eigenen Studiengang dafür, ein Bekannter hat mir davon erzählt.
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